Die Geburt Jesu in der Welt der Bilder
Am Samstag, dem 14. Dezember 2024, machte sich unsere Gemeinde auf den adventlichen Weg zum Museum für Kirchenkunst in Funchal (Museu de Arte Sacra). 21 Menschen aus verschiedenen Ländern und verschiedener Religionsbekenntnisse wurden sehr herzlich von der Direktorin des Museus, Graça Alves, begrüβt. Es sei eine Ehre, andere Kirchen in ihrem Hause zu empfangen, denn „wir haben ja alle denselben Chef“, bemerkte sie und wies gen Himmel.
Die Gruppe der deutschsprachigen evangelisch-lutherischen Gemeinde auf Madeira hatte die Ehre, die neueste Ausstellung des Museums mit einer kurzen Einführung durch die Direktorin Graça Alves einzuweihen. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen zwei frisch restaurierte Darstellungen der Gottesmutter mit Kind und Rosenkranz (Nossa Senhora do Rosário), und es wird ein Einblick in den komplexen Prozess der Restauration gewährt.
Pfarrerin Ilse Berardo führte die Gruppe zum eigentlichen Thema des Besuchs, einer Darstellung der Geburt Jesu auf einem Gemälde aus Flandern („Natividade“, 1510-1515), das im Rahmen des Zuckerhandels nach Madeira gekommen war. Die Pfarrerin lud uns zu einer meditativen Betrachtung des Bildes ein, dessen eher ungewöhnliche Bildsprache eine theologisch-dogmatische Konzeption verrät und ein Narrativ von der Geburt zur Auferstehung bietet. Sie erinnerte daran, dass die Menschen im 16. Jahrhundert nicht lesen konnten, und Bilder somit eine groβe Bedeutung für die Verkündigung hatten. Das Bild von der Geburt Jesu gibt Raum, sich in den Figuren wiederzuerkennen und es teilt mit: „Du kannst selbst zur Krippe werden.“
Einen abschlieβenden Kontrapunkt setzte die Pfarrerin durch den Hinweis auf das zeitgenössische Bild „Natividade“ (Geburt Jesu) der portugiesischen Künstlerin Paula Rego aus ihrem Zyklus „Ciclo da Vida da Virgem Maria“ (Das Leben der Jungfrau Maria), das sich einer völlig anderen, realistischeren Bildsprache bedient und Maria in den Wehen zeigt, gehalten von den starken Armen eines Engels.
Wir haben – Gott sei Dank – in den letzten Jahrhunderten Lesen gelernt, jedoch vielfach das Lesen von Bildern verlernt. Es gelang der Pfarrerin in dieser vorweihnachtlichen Zeit auf sensible Weise den Blick auf das wirklich Wesentliche der Heiligen Nacht zu schärfen.
Bei Kaffee, Tee, Toast und Keksen kam es zum Ausklang der Veranstaltung noch zu netten Gesprächen.





Text: Dr. Martina Emonts
Fotos: Kai Hagenbuch