Passionszeit 2021

Das kirchliche Motto für die siebenwöchige Passionszeit lautet:

„Sieben Wochen ohne Blockaden. Spielraum gewinnen.“

Spielraum ist Freiraum. Ein Raum, den ich mir nach eigenen Vorstellungen und Wünschen gestalten darf inmitten eines großen Ganzen von Gesetzen, Regeln und Pflichten. Nach genau so einem Freiraum sehnen wir uns ja alle so sehr in dieser Pandemiezeit, in der unsere persönliche Freiheit durch viele gesetzlich verordnete und auch notwendige Blockaden eingeschränkt ist. 

Sperrstunde, Kontaktbeschränkung, Reiseverbot und das Untersagen jeglicher Zeichen persönlicher Verbundenheit wie Händedruck und Umarmung, sei es zum Trost oder zur Begrüßung, das alles bedeutet Verzicht auf gemeinschaftliches Leben.

Nach all den Monaten des Ausnahmezustands hat sich bei vielen von uns das Gefühl von Verlust eingestellt.

Verlust am Miteinander von Familie, Freunden, Kirche und Kultur. Innere Blockaden wie Mutlosigkeit, Einsamkeit und manchmal auch Zorn sind gewachsen und verwehren uns den Blick auf das, was wir gemeinschaftlich geschafft haben. Es gibt schon wirksame Impfstoffe, die digitale Verknüpfung hält uns in Kontakt miteinander, und unzählige Menschen arbeiten mit bei staatlichen, kirchlichen und gemeinnützigen Hilfsorganisationen für Arbeitslose, Obdachlose und Verzweifelte. Dass das noch nicht genug ist und die Notlage noch kein Ende gefunden hat, ist uns bewusst. 

Verzicht steht auch weiterhin auf unserem Tagesprogramm.

Aber dieser Verzicht ist kein Verlust. Er sollte Ausdruck sein von Rücksichtnahme und Schutz für unser Leben und das unseres Nächsten. Diese veränderte Perspektive auf unseren Verzicht mag uns helfen, die Blockaden von Enttäuschung und Zorn abzubauen, damit ein Freiraum entsteht, in dem sich unsere Kräfte wieder zu Geduld und Hoffnung sammeln können.

In den kommenden Tagen und Wochen bis Ostern wollen wir einüben, diesen inneren Freiraum täglich aufzusuchen.

Dazu nehmen wir uns abends oder morgens eine stille Zeit an einem Ort, an dem wir uns wohlfühlen und ganz wir selbst sein können.

Nichts stört uns. Wir lösen uns von aller Zerstreutheit, aller Sorge und aller Verkrampfung, indem wir beten: 

Jesus, ich möchte bei Dir Raum finden
zum Loslassen von Sorgen und Zweifeln.
Mich loszulassen, Jesus, deshalb bin ich hier:
von allem, was mich gefangen hält.
Mich zu entfalten, Jesus, deshalb bin ich hier:
zu allem, was Du in der Tiefe meiner Seele angelegt hast.
Frieden, Liebe und Wahrheit.

Amen

Ich lege diesen Tag und alles, was er war und ist vor Jesus und bitte um sein Licht,
damit ich Klarheit gewinne über Gottes Weg mit mir.
Ich lasse die letzte Blockade des Zweifels fallen und vertraue auf Gott, der vom Menschen spricht:

„Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören.“ Invocavit, Psalm 91,15

Digitale Passionsandacht am 22. Februar 2021           
Ilse Everlien Berardo, Pfarrerin